Leitfaden zur Umstellung vom konventionellen auf ökologischen Betrieb im Weinbau
Inhalt
- 1. Einleitung
- 2. Ökologischer und konventioneller Weinbau
- 3. Die wichtigsten rechtlichen Vorgaben
- 3.1. Die wesentlichen Punkte der EU-Verordnung
- 3.2. Organisatorische, technische und administrative Anforderungen
- 3.3. Beratungs- und Fördermöglichkeiten
- 4. Vorbereitungs- und Planungsphase
- 4.1. Vorlaufphase
- 4.2. Planung im Detail
- 4.3. Die wichtigsten Arbeitsschritte bei der Umstellung als Grundlage für eine Jahresplanung
- 5. Eine ökonomische Modellbetrachtung mit Praxisbeispiel
- 6. Dokumentation und Kontrolle
- 7. Schlussbemerkungen
- 8. Literatur und Anmerkungen
1. Einleitung
Nach fast 100-jähriger Geschichte, von den ersten Anfängen in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts gewinnt der ökologisch ausgerichtete Weinbau gegenwärtig eine steigende Bedeutung und Akzeptanz, bei den Winzern wie bei den Kunden. Ca. 12 ,4 % Prozent der Fläche werden ökologisch bewirtschaftet, 573 Betriebe sind Mitglied in einem der ökologischen Weinbauverbände (mit 5789 Ha Rebfläche; vgl. dazu Kauer et al. S. 14.f.).
Erhöhte Anforderungen für Landwirtschaft und Weinbau ganz generell, verursacht durch den immer sichtbarer werdenden Klimawandel, mit erhöhten Temperaturen, der steigenden Trockenheit, starker Sonneneinstrahlung, Starkregenereignissen und veränderten Niederschlagsperioden, sowie die um 3-4 Wochen vorverlagerte Vegetationsperiode, bedeuten auch neue und höhere Anforderungen an Weinbauern einerseits, andererseits bietet die ökologische Weinwirtschaft für diese Probleme auch, Lösungen und Gegenmaßnahmen an. Ohnehin nehmen die Anforderungen an Umweltschutz, Bodenbearbeitung (u.a. Düngung, Pflanzenschutzmittel) und Ressourcenschonung für die landwirtschaftliche Produktion durch verschärfte internationale und nationale Regelungen deutlich zu). (1)
Die Hürden der Umstellung und die damit verbundenen neuen Anforderungen sind vergleichsweise hoch: gegenüber einer konventionellen Bewirtschaftung ist im Grunde ein anderes, und zwar ganzheitliches bzw. integriertes Geschäftsmodell erforderlich bzw. Voraussetzung, auch die Betriebsabläufe ändern sich entscheidend (Fader/Heller, S. 1). Das reicht von der Philosophie der Betriebsführung, über alle eingesetzten Materialien, deutlich anderen Formen der Bodenbewirtschaftung und Bodenbearbeitung, die strikten Vorgaben bei Pflanzenschutz und Düngung, die Regelungen für die Kellerwirtschaft, zu den einsetzbaren bzw. nicht zulässigen Verfahren, Mitteln und Stoffen, bis hin zum Marketing und dem notwendigen Absatz, gegebenenfalls bis hin zum Ansprechen neuer Marktsegmente.
Von den zusätzlichen genau geregelten, aufwändigen Buchführungs- und Dokumentationsvorschriften ganz zu schweigen, ebenso wie von der notwendigen eigenen Weiterbildung und der des Personals. Auch die betriebswirtschaftliche Seite des Prozesses darf nicht verschwiegen werden: einerseits ist ökologischer Weinbau personalaufwendiger, andererseits ist in der ökologischen Produktion mit einer Ertragsreduktion von ca. 20 % pro Hektar zu rechnen; die wirtschaftliche Struktur des Betriebes muss an diese Rahmenbedingungen angepasst werden, damit noch ein auskömmlicher Betrieb möglich bleibt.
Es wird aber auch teilweise von steigenden Preisen und einer vermehrten Nachfrage nach ökologischen Weinen (z.B. Kauer et al. S. 100 ff.) berichtet.
Im Folgenden soll ein gestraffter Abriss aufzeigen, auf welche Punkte es bei einer Umstellung wesentlich ankommt, welche Probleme entstehen, welche Rechtsvorgaben und Anforderungen zwingend beachtet werden müssen und was in planerischer und wirtschaftlicher Hinsicht wichtig ist. Auf eine Erörterung der Anforderungen und Probleme der Kellerwirtschaft wird verzichtet, hier sind die Unterschiede zum konventionellen Betrieb eher weniger groß (2).
2. Ökologischer und konventioneller Weinbau
In den letzten Jahren hat der ökologische Weinbau vor allem durch einen Bewusstseinswandel in Politik und Gesellschaft erhöhten Stellenwert erhalten (3). Das gilt bei den Produzenten im Hinblick auf die Qualität der Bodenbearbeitung, eine verbesserte Biodiversität und in Bezug auf mehr Umweltschutz durch Verminderung des Einsatzes von Pestiziden und Herbiziden bei der Bearbeitung. Die Umwelt- und Klimadebatte hat auch bei den Konsumenten zu einem gesteigerten Umweltbewusstsein und zu erhöhten Präferenzen für Bioprodukte geführt, der Anteil solcher Produkte am Lebensmittelkonsum ist erheblich gewachsen. Von der Umweltschutzbewegung angetrieben, hat die Gesetzgebung in EU und national viele Regelungen in dieser Hinsicht verschärft (u.a. Düngemittelverordnung) und den Einsatz besonders schädlicher Mittel großenteils verboten (s. Düngeverordnung und Entwurf Neues Düngegesetz).
Auch die für die Landwirtschaft und den Weinbau maßgeblichen Regelungen sind in jüngster Zeit neu gefasst worden: EU 2018/484, und die maßgebliche Durchführungsverordnung EU 2021/1165), gültig ab 1.1.2022 (4).
Um die wesentlichen Vorgaben und Anforderung aus diesen Regelungen geht es hier in erster Linie, um das benötigte Problembewusstsein, die praktischen Kompetenzen und die wichtigsten Schritte bei Planung und Realisierung der Umstellung. Nicht zuletzt geht es um die betriebswirtschaftlichen Anforderungen, denn der Betrieb muss ja finanziell die Umstellung überstehen (s. Kauer et al., S. 20) und seine Erzeugnisse auch während und nach der Umstellung mit dem nötigen ökonomischen Erfolg verkaufen.
Auf die anspruchsvollen Zielsetzungen des ökologischen Weinbaus wird nicht weiter im Einzelnen eingegangen. Die Zielkataloge in der EU VO und in der Literatur dazu sind lang (5).
Die wichtigsten Stichworte sind der Erhalt der natürlichen Umwelt und die Sicherung bzw. Steigerung eines ökologischen Gleichgewichtes. Weinbau in Kreislaufwirtschaft, Einsatz umweltschonender, natürlicher Ressourcen unter Erhalt einer hohen Biodiversität, Klimaschutz des Anbaus, Gentechnikfreiheit, als Garantie einer gesunden und qualitativ hochwertigen Weinproduktion mit ökonomischem Erfolg (vgl. Richtlinie www.ecovin.de). Die EU definiert in den beiden Basisverordnungen aus den Jahren 2018 und 2021 hohe ökologische Produktionsstandards.
Ganz generell besteht die übergreifende Anforderung – neben den rechtlichen Vorschriften – im Alltagbetrieb in der Einhaltung des Leitbildes der guten fachlichen Praxis (vgl. Kauer/Fader S. 18).
3. Die wichtigsten rechtlichen Vorgaben
3.1 Die wesentlichen Punkte der EU-Verordnungen und anderer staatlichen Vorgaben
Die beiden oben genannten Verordnungen der EU bilden die wichtigsten Rechtsgrundlagen für den ökologischen Weinbau und die Umstellung auf diesen. Alle weiteren nationalen Regelungen beruhen auf ihnen, zum Beispiel die Düngeverordnung.
Die für die Umstellung wichtigsten Regeln beziehen sich auf (VO (EU) 484/2018 und VO (EU):
• eine strikte Trennung von konventionellem Betriebsteil (soweit vorhanden) und ökologischem Betrieb, und dann auch nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen (Kauer/Fader, S. 13; Kauer et al., S. 22)
• Wirkstoffe (Art.1), Erzeugnisse und Stoffe für die Verwendung in der ökologischen Herstellung von Wein (Art.9)
• Bodenvielfalt, Biodiversität, Düngung, Düngemittel und Nährstoffe (Art.2), mit detaillierten Angaben (Anhang II)
• Rebschutz /erlaubte und verbotene Pflanzenschutzmittel
• kellerwirtschaftliche Vorgaben, Verbote/verbotene Stoffe und Techniken
• Dokumentations- und Meldepflichten, Kontrollregeln
• Anmeldungsfristen und Voraussetzungen für eine Zertifizierung der erzeugten Weine als ökologische Produkte
Was sind die zentralen Handlungsfelder?
a) Böden und Bodenbewirtschaftung
b) Düngung
Z.B. die nutzbaren Düngerstoffe, Düngung mit Materialien tierischer Herkunft aus nicht industrieller Herstellung, und der Einsatz anderer organischer Materialien, nach Kompostierung (KöL, S. 9)
c) Rebschutz, Spritzung
Dabei geht es in erster Linie um die verbotenen und die noch zugelassen Mitte und Stoffe. In praxi sind z.B. noch zugelassen: Kupferpräparate, Netzwerke, Kaliumhydrogencarbonat, Bacillus Touring Genesis, Pheromone, Lecithin, Pflanzenöl, Pyrethrum, (sonstige Wirkstoffe, vergleiche Kauer et al., S. 60 f.; KöL, S. 12 f.)
Nicht ganz einsichtig wirkt – aus praktischer Sicht – die sehr subtile und filigrane Unterscheidung bei den zugelassenen Mitteln für den Rebschutz, gemäß EU-Verordnung (Grundstoffe, Wirkstoffe mit geringem Risiko, Mikroorganismen, sonstige Wirkstoffen, Zusatzstoffe) und schliesslich Pflanzenstärkungsmittel (vorwiegend für den prophylaktischen Einsatz), ohne direkte Schutzwirkung gegen Krankheiten und Schädlinge, als in der Regel Mittel natürlichen Ursprungs zur Prävention und zur Erhöhung der Widerstandskraft des Rebstockes.
Die verschiedenen rechtlichen Anforderungen, Vorgaben und Verbote beziehen sich im Wesentlichen auf:
• Boden und Bodenbearbeitung, Düngungsvorgaben, einsetzbare Materialien und Stoffe, Begrünung
• Nutzung von Geräten und Fremdleistungen
• Einsatz /Verbot von technischen Verfahren, Mitteln und Hilfsstoffen in der Kellerwirtschaft, Verbot des Einsatzes gentechnisch veränderter Stoffe
• Dokumentations- und Genehmigungspflichten
• Vorgaben für Zertifikatserwerb (staatlich, ökologische Weinbauorganisationen)
• Beachtung der Düngemittelverordnung, Abstand gegenüber Nachbarpflanzungen, Arbeitsschutz beim Spritzen; Gewässerschutz (vgl. DA, S. 8 ff.).
• genaue Dokumentation aller Maßnahmen; Kontrollmaßnahmen, in der Regel durch staatlich konzessionierte private Kontrollstellen, sind vorgeschrieben (KöL, S. 5)
Insgesamt geht es darum, die natürlichen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen in möglichst hohem Ausmaß zu beachten, zu erhalten und gegebenenfalls zu verbessern, in erster Linie; was den Boden und die Biodiversität angeht; aber auch die allgemeine Umwelt, vor allem in Bezug auf den Eintrag (Dünger, Schadstoffe) ins Bodenwasser und die Vermeidung des Einsatzes giftiger Spritzmittel.
Interessanterweise ist in diesem Kontext von Verbraucherschutz, z.B. von belastungsfreien Produkten nicht die Rede, obwohl das für den Konsumenten, gerade unter dem Aspekt der (gesundheitlichen) Nutzen der ökologischen Produktionsweise hochinteressant wäre; ebenso wäre es als wichtiges Verkaufsargument nutzbar (7).
Ohnehin wird ein qualitätsbewusster Winzer bemüht sein, die Besonderheiten seiner Weinberge, die Exposition der Einzellagen bzw. der Parzellen, die Mikroklimata, die Bodenverschiedenheiten, die Anpflanzung und Erziehung der Reben, die Rebsortenauswahl und die Bewirtschaftung so auszurichten, dass die natürlichen Vorteile und Nachteile der Parzellen optimal berücksichtigt und bei der Bearbeitungen im Weinberg im Mittelpunkt stehen, unter den Aspekt der Typizität seiner Weine und mit Blick auf den Terroirgedanken.
Grundlegend ist die sogenannte gute fachliche Praxis, als Inbegriff der allgemein wissenschaftlich belegten und akzeptierten Arbeitsregeln.
3.2. Organisatorische, technische und administrative Anforderungen
Die Umstellung auf einen ökologischen Betrieb muss beantragt werden: bei den jeweiligen Reg.Präsidien (Hessen, Baden-Württemberg), bei den Landesanstalten (Bayern, Sachsen) oder bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (DLR), in Rheinland-Pfalz (Kauer et.al., S. 93 f.). Eine Nutzung der Beratungsstellen ist sehr anzuraten (Kauer/Fader, S. 94); ebenso zu empfehlen ist eine Beratung speziell durch die ökologisch orientierten Anbauverbände (S. Kauer/Fader, S. 95); vgl. Kap. 3.3.).
Die Mindestumstellungsdauer auf einen ökologischen Betrieb beträgt 36 Monate, gerechnet vom Zeitpunkt des Eingangs des Antrages bei der zuständigen Stelle in der Weinbauadministration im jeweiligen Bundesland, vgl. die Liste der Kontrollstellen (8). Ein Vertragsabschluss ist erforderlich. Die Kontrollstelle vergibt auch die Betriebskontrollnummer und nimmt die Erstprüfung sowie die jährliche Kontrolle vor (Kauer/Fader, S. 12, siehe auch Kap. 6).
Erst danach darf der Wein mit dem Hinweis auf ökologischen Anbau vertrieben werden. Es empfiehlt sich den Zeitpunkt so zu wählen, dass diese Frist noch vor der Ernte im dritten Umstellungsjahr endet (9).
In der Regel muss eine Gesamtumstellung des Betriebes erfolgen, unter bestimmten Umständen ist aber eine Teilumstellung möglich, die aber rebsortenrein erfolgen muss.
Viele Hinweise zu den praktischen Aspekten der Umstellung geben Kauer et al., S. 97 ff.
3.3. Beratungs- und Fördermöglichkeiten
Die Bundesländer bieten verschiedene Fördermöglichkeiten in unterschiedlicher Höhe pro Hektar an, es empfiehlt sich die Erkundigung bei den die Beratungsstellen. Üblicherweise wird eine Antragstellung bis zum 1.10.2023 für die Förderperiode 2024-2028 verlangt (Übersicht der Förderungsmöglichkeiten (z.B. EULLE-Programm Rheinland-Pfalz) bei Kauer/Fader S. 87 f.).
Der Fördersatz beträgt bis zu 1325 € pro Hektar und Jahr (aber es gelten strenge Voraussetzungen für den Erhalt, wie zum Beispiel die Einhaltung der EU- Vorgaben, der Vertrag mit einer Öko-Kontrollstelle, die jährliche Vorlage der Öko-Kontrollbeschreibung und die Vorlage aller Auswertungsunterlagenbei der Kontrollstelle, mit einem fünfjährigen Verpflichtungszeitraum, Mindestgröße 0,4 ha (10).
Eine rechtzeitige Antragstellung – nach Beratung – ist zu beachten.
4. Vorbereitungs- und Planungsphase
4.1. Vorlaufphase
Vorhergehen sollte – erfahrungsbedingt – eine mindestens einjährige oder längere Phase der Vorbereitung, Überprüfung und Kalkulation.
Wichtigster Punkt dabei sollte vor allem das Bewusstmachen und die Klärung der Voraussetzungen sein, die für ein solches Vorhaben gegeben sein müssen, sowie eine Bestandsaufnahme der eigenen Ausgangssituation (KöL, S. 8). Es handelt sich in praxi eben nicht um eine schlichte technische Prozessänderung, sondern um eine tiefgreifende Änderung des Betriebsmodells, deswegen ist dieser Schritt sehr angezeigt.
Dazu gehören die Klärung der Motivation und des Interesses, die persönliche Einsicht und Akzeptanz der Randbedingungen (Kauer/Fader S. 30), in Verbindung mit der Beschaffung aller notwendigen Informationen, ferner die Klärung bzw. Prüfung des Vorhandensein und von Lücken in der fachlichen Kompetenz; die Bereitschaft zur fachlichen Weiterbildung (der eigenen und des Personals); zwingend sind ausreichende fachliche Kenntnisse der Pflanzenbehandlung, des Rebschutzes, der Ökologie, der Bodenpflege etc., (s. auch Kauer/Fader S. 30 f.).
Das Vorhandensein eines bisher erfolgreichen wirtschaftliche Betriebs der aktuellen konventionellen Bewirtschaftung ist eine weitere Grundlage, um die Umstellung auch kaufmännisch zu bewältigen.
HiIfreich sind hinreichend gute Vermarktungsbedingungen, zum Beispiel durch Direktvermarktung oder andere gute Absatzmöglichkeiten für die Produkte; ebenfalls Erkenntnisse über die Bereitschaft der Kunden, ökologische Produkte, ggfs. zu höheren Preisen, auch abzunehmen.
Die maschinellen und technischen Voraussetzungen für eine ökologisch ausgerichtete Bearbeitung, zum Beispiel Unterstockmaschinen und für die intensivere Bodenbearbeitung sollten überprüft werden, um etwaige Neubeschaffungen einplanen zu können.
Ohne die Aussicht auf ökonomische Verkraftbarkeit der mit Umstellung zu erwartenden Ertragsreduktion und der Kostenerhöhungen in der Bearbeitung im Weinberg darf mit der Umstellung nicht begonnen werden; das bedeutet die Aufstellung einer Kalkulation von Mehrkosten und sinkenden Erträgen, zur Überprüfung der ausreichenden wirtschaftlichen Basis für eine Umstellung (vgl. Kap.5).
Es empfiehlt sich als erstes eine Aufstellung der mittelfristig zu erreichenden Ziele, um eine vernünftige Arbeitsorganisationvorzunehmen und die richtigen betrieblichen Schwerpunkte zu setzen.
4.2. Planung im Detail
Nach – erfolgreicher – Prüfung der Punkte unter 4.1. sind folgende Arbeitsschritte ins Auge zu fassen:
• Bestandsaufnahme (Analyse der Ausgangssituation) und die Aufstellung einer to-do-Liste, Prioritätensetzung, Zeit- und Arbeitsplanung (Kauer/Fader S. 31.ff), wo zwischen kurz- und langfristigen Maßnahmen unterschieden wird.
• Absicherung der eigenen Kompetenz/Fortbildung, Inanspruchnahme von Beratungsangeboten (s. Weiterbildungsanbieter bei Kauer/Fader S. 99; auch KöL, a.a.O.; DLR-R-Pfalz, Ecovin u.a.; je nach Bundesland verschieden)
• Prüfung der Förderangebote, Überprüfung der Kalkulation, ggfs. Antragstellung zur Förderung
• Genaue Terminplanung, (Einpassung zwischen die Erntephasen; Festlegung Antragstermin)
• Antragstellung bei einer weinbauerfahrenen Kontrollstelle
Um einen frühestmöglichen Verkauf ökologischer Produkte nach der erforderlichen 36-monatigen Umstellungsphase zu realisieren, liegt der beste Zeitpunkt zur Antragstellung- wie schon erwähnt – im Spätsommer, so kurz wie möglich vor dem zu erwartenden Erntetermin; d. h. es sollte der Antrag bis spätestens Mitte/Ende August des Antragsjahres gestellt werden, damit bei der im dritten Jahr folgenden Ernte (ab 1. September) schon mit ökologischen Vorzeichen Lese und Verkauf erfolgen können.
Planungsschritte
Folgende vorbereitenden weiteren Planungsschritte werden empfohlen:
• genaue Definition der konkreten Zielsetzungen
• detaillierter Umsetzungsplan (strukturierte Umsetzungsplanung; vergleiche zu diesem Abschnitt Kauer et al., S. 97 f.)
• Auflistung konkreter Umstellungsschritte, mit Konzentration auf Pflanzenschutz und Bodenpflege, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen vorhandenen Parzellen, mit individuellen Bearbeitungs- und Pflegeplänen
• konkrete Zeitplanung
• genaue Arbeits- und Arbeitskräfteplanung, Vertriebsplanung
• Investitions- und Liquiditätsplanung
• regelmäßige Erfolgskontrollen
4.3. Die wichtigsten Arbeitsfelder und Aufgaben bei der Umstellung
Die Prioritäten liegen im Weinberg, bei Bodenbearbeitung, Begrünung und Düngung; zu prüfen ist gegebenenfalls der Kauf noch erforderlicher Bodenbearbeitungsgeräte (Begrünung, Unterstockpflege; s. o.).
Die Bodenbewirtschaftung und die Bodenpflege (Kauer/Fader, S. 40 ff.) nehmen eine zentrale Stellung ein, weil ein gesunder und lebendiger Boden eine Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen ökologischen Weinbau darstellt (Kauer et al., S. 26). Deswegen ist die Ermittlung des Zustandes von Boden und Bodenqualität der allererste wichtige Schritt zur Vorbereitung der Umstellung, je nach der unterschiedlichen Beschaffenheit der Einzelparzellen. Dies erfordert eine angepasste Bewirtschaftung; je nach Standort, Witterung usw., vergleiche die verschiedenen Bodenpflegesysteme (Kauer/Fader 2015, S. 26 ff., und Kauer et al., S. 31). Das ergibt sich auch aus den jeweils angemessenen unterschiedlichen, bedarfsgerechten und adäquaten Begrünungssystemen, die zu unterschiedlichen Zeiten und je nach Lage unterschiedliche Bewirtschaftungsformen bzw. Bearbeitungen erforderlich machen (zum Beispiel Melioration, Rotationsbegrünung oder Winterbegrünung oder wechselnde offene Gassen (Kauer et al., S. 33).
Erforderlich wird eine Jahresplanung für die vorgesehene Bodenbearbeitung, vor allem für die erforderliche artenreiche Begrünung, Gassenauswahl, Begrünungswechsel, Brachphasen sind einzuplanen; die Auswahl der notwendigen Begrünungsmischung, je nach Standort- Anforderungen (flach, hängig, steil, aktuelle Bodenbeschaffenheit, Anordnung der Rebzeilen, Kleinklima etc.), einjährig/mehrjährig; Einkauf der Saatmischung oder Herstellung einer eigenen Mischung, bzw. mehrerer, jeweils standortangepasst.
Eine möglichst große Artenvielfalt im Ökosystem Weingarten verbessert nicht nur langfristig die Bodenverhältnisse, sondern auch die Produktionsbedingungen, weil sie die Ansiedlung von Nützlingen begünstigt und Schädlinge in der Regel weniger oder gar nicht mehr bekämpft werden müssen; vergleiche dazu die ausführliche Beschreibung der Begrünungsstrategien bei Kauer et al., S. 37).
Als Ersatz für Spritzungen ist bei der Unterstock- und Zwischenstockpflege eine unter Umständen mehrfache mechanische Bearbeitung notwendig, oder eine Begrünung mit Bodendeckern, wobei sich u.a. Walderdbeeren und Habichtskraut als in der Praxis nützlich erwiesen haben (dazu und zum Folgenden: Kauer et al., S. 41 ff.).
Zu Beginn muss ein Bodenpflege- und Düngungsplan erstellt werden, nach der Ermittlung der Bodenqualität und der Nährstoff- sowie Humusgehalte aller Parzellen. Regelmäßige Messungen sind erforderlich (vor allem Stickstoff- und Phosphorgehalt, s. Kauer et al., S. 45 f.). Die Umstellung des Pflanzenschutzes muss vorbereitet werden, dazu gehört auch die Planung häufigerer und kürzerer Bearbeitungsnotwendigkeiten (Kauer/Fader, S. 31).
Eine Auswahlentscheidung über den Einsatz und die geplante Verwendung zugelassener Spritz- und Schädlingsbekämpfungsmittel, Kauf bzw. Bestellung der notwendigen Mengen, unter Berücksichtigung des 50- bis 100-prozentig höheren Mitteleinsatzes gegenüber konventioneller Bewirtschaftung ist erforderlich. Zu beachten ist ganz generell, dass nur zugelassene Stoffe aus ökologischer Produktion eingesetzt werden dürfen (Kauer et al., S. 20; zu den zugelassenen Stoffen und Düngemitteln vgl. www. betriebsmitteliste.de.
Düngung
Dem Erhalt und der Steigerung der natürlichen Fruchtbarkeit des Bodens und seiner biologischen Aktivität kommt im Rahmen der ökologischen Bewirtschaftung eine zentrale Bedeutung zu (vergleiche KöL, S. 9 f.). Im Prinzip kommt nur eine organische Düngung infrage; bei nachgewiesenem Mangel an bestimmten Nährstoffen (Magnesium, Kalium, Phosphor oder Kalk) wird eine mineralische Düngung möglich. Der Bedarf ist durch eine Bodenanalyse nachzuweisen; nur zugelassene Mittel dürfen eingesetzt werden. Das heißt auch, es sind jeweils den Parzellen und ihren besonderen Bedingungen und Anforderungen angepasste Strategien und Maßnahmen zu entwickeln bzw. zu treffen (s. auch Kauer et al, S. 40 ff.).
Das entscheidende Mittel zur Bodenverbesserung und zur Nährstoffzuführung sind die unterschiedlichen Verfahren der Düngung, die beim ökologischen Weinbau untrennbar mit der Bodenpflege verbunden sind (Kauer et al. S. 45; Kauer/Fader S. 56 ff.), weil Kunstdüngereinsatz nicht zulässig ist; nur wenn auch durch eine intensive ökologische Bewirtschaftung die nötigen Stickstoffbedarfe nicht gedeckt werden können, lassen die EU-weiten Regelungen die Zuführung von Düngemitteln und Nährstoffen zu (Kauer et al. S. 45). Dabei sind die Düngemittel-Verordnung und die gute fachliche Praxis zu beachten, das betrifft vor allem die maximale Höhe an Stickstoffzuführung pro Hektar und Jahr (Kauer et al. S. 45 f.).
Angezeigt ist das Recycling eigener Stoffe aus dem Weinbaubetrieb (Grünschnitt, Trester, Schlempe), sonst kommen Wirtschaftsdünger, Komposte, Humus oder andere Sekundärrohstoffe oder organische Handelsdünger infrage, die nach der Bio -Abfallverordnung geeignet sein müssen (ebenda S. 47).
Die notwendigen Mengen an Dünger oder Düngermischungen müssen rechtzeitig beschafft werden, nach gründlicher Prüfung der Bodenbeschaffenheit; zum Beispiel im Hinblick auf Humusbedarfe, Stickstoffgehalt, Stand der Verdichtung und Durchwurzelung; entsprechend sind ggfs. weitere Entscheidungen über zusätzliche bodenverbessernde Maßnahmen und Einbringungen zu treffen. Sinnvoll ist deswegen eine rechtzeitige Düngebedarfsermittlung (ebenda, S. 50).
Nicht zu vermeiden ist die Vorbereitung und Durchführung der nötigen Dokumentationen und Buchführungen, was Daten und Mengen angeht, aber auch die entsprechende ökologische Behandlung/Reinigung der eigenen Gerätschaften oder, bei Fremdeinsatz, der ausgeliehenen oder gemieteten.
Rebschutz und Pflanzenschutz
Neben der Bodenbearbeitung kommt dem Reben- und Pflanzenschutz die höchste Bedeutung im ökologischen Weinbau zu; das gilt gerade für die Umstellung (vgl. dazu vor allem Kauer et al., S. 57 f.). Im Verzicht auf die klassischen chemischen Fungizide, Herbizide und Insektenbekämpfungsmittel und ihren Ersatz durch Kupferpräparate wie durch eine ganze Reihe von biologisch-organischen Grundstoffen, Zusatzstoffen und Pflanzenstärkungsmitteln besteht einer der entscheidenden Unterschiede zum konventionellen Weinbau. Deswegen besteht für die Umstellungsbetriebe hier eine der größten Anforderungen, was Schädlingsbekämpfung und die verschiedenen zulässigen Methoden der Bekämpfung, vor allem, was den falschen und echten Mehltau und botrytis cinerea oder Insekten (Essigfliege) betrifft.
Vorsorgemaßnahmen und eine exakte (frühzeitige) Terminierung für die Bekämpfungszeitpunkte sind hier die entscheidenden Stichworte. Dazu wird eine laufende Wetterbeobachtung (www. vitismedio.de) und eine ständige Optimierung der weinbaulichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel durch harmonischen vegetativen Wuchs und offene Laubwände (Kauer et al., S. 55).
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ergibt sich aus den klimatischen Bedarfen und dem beobachteten Schädlingsbefall; die zulässigen Mittel sind in der Anlage I der EU-Verordnung genannt (Grundstoffe, Wirkstoffe, Mikroorganismen, andere); der Kupfereinsatz ist nur in strenger Begrenzung zulässig (zulässig ist ein maximaler Eintrag von 3 kg/Hektar und Jahr).
Je nach Wetterlage und Befall kann eine sehr häufige und wiederholte Behandlung erforderlich werden, im Extremfall bis zu 15-mal pro Jahr (Kauer et al., Seite 56 ff.; vergleiche in Bezug auf die zugelassenen Stoffe: www.betriebsmittelliste.de (Kauer et al., S. 62.). Die rechtlich zugelassenen Zusatzstoffe und Stärkungsmittel können die Prophylaxe oder die Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen unterstützen oder verbessern (vergleiche die sehr detaillierte Auflistung der Pflanzenschutz- und Stärkungsmittel bei der DLR (Hinweise März 2023) und die Liste der ausgewählten praxisgeprüften Stärkungsmittel, bei Kauer/Fader (S. 64 ff.).
Mit diesen Stichworten kann nur eine Rahmenorientierung gegeben werden, weil es gilt, die unterschiedlichen Lage- und Bodenbedingungen der einzelnen Teile und Parzellen eines Weinbaubetriebes genau zu berücksichtigen; die notwendigen Maßnahmen der Bodenbearbeitung und Verbesserung müssen sich nach den jeweiligen speziellen Anforderungen der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten (Kleinklima etc.) richten; dasselbe gilt für die durchaus unterschiedlichen und wechselnden Wetterbedingungen und Niederschlagsereignisse; die bei allen Maßnahmen zu berücksichtigen sind. (KöL, S. 9f.)
Ein nicht zu vernachlässigender Faktor für die Planung ist der zu erwartende merklich höhere Mehraufwand an Arbeitsstunden in der Weinbergsbearbeitung; dieser konzentriert sich auf die verschiedenen Phasen der Bodenbearbeitung und die routinemäßigen Spritzungen, sowie auf die kaum vorhersehbaren Zusatzspritzungen, die bei entsprechenden Wetterlagen und Schädlingsbefall erforderlich werden können.
Hier ist zu überlegen, was mit dem vorhandenen Personalbestand erledigt werden kann, wo gegebenenfalls zusätzliche Kräfte erforderlich werden oder wo notfalls Dienstleister zum Einsatz kommen können. Zu beachten ist, dass der erforderliche verstärkte Rebschutz eine höhere Anzahl von Durchfahrten in den Rebgassen erfordert, was einerseits mit einer höheren Bodenverdichtung verbunden ist (was man eigentlich vermeiden will) und andererseits mit höherem Zeitaufwand/Personalaufwand und Dieselverbrauch. Möglicherweise bieten hier aber bald verbesserte Drohnen Abhilfe (vgl. Poth, S. 30 f.).
Neben den direkten erforderlichen Arbeiten im Weinberg wird empfohlen, (KöL, S. 10), die eigene Maßnahmenpalette am Modell des integrierten Pflanzenschutzes auszurichten, um die Wirksamkeit und Effizienz der direkten Aktivität und Arbeit noch zu erhöhen. Das bedeutet zum Beispiel geeignete Kulturmaßnahmen (luftige Erziehung, frühe Entblätterung der Laubwand nach der Blüte), mechanische Unkrautregulierung, Nützlingsförderung und Randbegrünung, z.B., Heckenpflanzung, Blütenstreifen), sowie eine standortadäquate Sortenauswahl.
Der umstellende Betrieb muss sich klarmachen, dass gegenüber dem konventionellen Verfahren ein noch intensiverer Rebschutz erforderlich wird, weil die Effizienz des Mitteleinsatzes nichtchemischer Mittel deutlich geringer ist und häufigere Anwendungen erforderlich sein werden (vergleiche die zugelassenen Präparate bei KöL, S. 12).
Mittelfristig wird der Einsatz von pilzwiderständigen Rebsorten (PIWIs), die einen weniger intensiven Rebschutz benötigen, möglicherweise für Erleichterungen sorgen (Kauer et al. S. 74 f.).
Werden Neubepflanzungen erforderlich, muss im Prinzip ökologisches Pflanzgut eingekauft werden, das aber offenbar in Deutschland nur schwer und nicht immer erhältlich ist. Für konventionelles Pflanzgut muss eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden (s. auch KöL, S. 11; vgl. Kauer et al., S. 77 f.).
Die Geisenheimer Forschungsergebnisse zeigen übrigens in vieler Hinsicht den hohen Nutzen der ökologischen Bewirtschaftung (Kauer et al., S. 121 ff.): verbesserte Bodenqualität (bei allen Indikatoren), auch mit Blick auf Aminosäuren, Flavonole, Stickstoffe; keine Unterschiede in den Oechslegraden, höhere Trockenresistenz und, in heissen Jahre, gleiche Erträge wie der integrierte Weinbau.
5. Eine ökonomische Modellbetrachtung mit Praxisbeispiel
Als praktisches Fallbeispiel betrachten wir einen mittelgroßen Weinbaubetrieb mit 25 ha Fläche, davon 28 % Steillage, 16 % flach und 56 % Terrassen. Davon sind 20 ha bepflanzt, zum Teil noch mit Jungreben.
Die Flächen teilen sich auf 27 Parzellen auf, mit einer Größe von kleiner 1 ha bis hin zu 6 ha Gesamtfläche.
Der ganz überwiegende Teil der Fläche ist mit Riesling bestockt; es werden jedoch auch andere weisse Reben wie Chardonnay, grüner Veltliner, Gewürztraminer, Weißer Burgunder rote Riesling, Müller-Thurgau und Piwis, sowie Solaris, Muscaris und Cabernet blanc und ebenso, in geringerem Umfang, Blauer Spätburgunder und Regent angebaut.
Die durchschnittliche angegebene Fahrzeit zu den Parzellen beträgt 20 Minuten. Als Durchschnittsertrag der letzten Jahre kann man von 55 hl/Hektar ausgehen. Es erfolgt eine integrierte Bewirtschaftung mit – wechselnden – begrünten Gassen, teils mit Mulchen, teils mit Walzen der Begrünung.
Der Betrieb wird als Familienbetrieb bewirtschaftet, unter Einsatz von Saisonarbeitskräften. Getrennt vom Weinbaubetrieb arbeitet ein Gutsausschank, über den ein erheblicher Teil der Produktion abgesetzt wird. Weitere Einnahmequellen sind im wesentlichen Flaschenweinverkauf (Direktverkauf, Onlineshop) und der Absatz von Fasswein.
Um einen Eindruck zu gewinnen, welche ökonomischen Änderungen einem Weinbaubetrieb bei der Umstellung auf ökologischen Betrieb bevorstehen, soll hier eine verkürzte Zusammenstellung der wesentlichen Kostenpositionen und Ertragspositionen erfolgen, um die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen beiden Betriebsarten aufzuzeigen.
Die hier verwendeten Daten beruhen auf den Angaben des Betriebes; wo sie durch Schätzungen oder Übernahmen aus empirischen Studien (Literatur) ergänzt wurden, ist dies kenntlich gemacht. Zum Vergleich werden zum Teil aus der Literatur Daten aus Kostenstudien zur Weinwirtschaft zitiert.
Eine detaillierte Kosten- und Ertragsrechnung oder gar Deckungsbeitragsrechnung würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten. Es wird hier deswegen eine Modellrechnung vorgenommen, die teilweise auf Schätzwerte zurückgreift, aber großenteils auf den realen Daten des Weinbaubetriebes beruht.
In der Literatur finden sich eine Reihe von Studien, die zum Teil sehr detaillierte und differenzierte Angaben über Kosten des Weinbaubetriebes (hier: Weinbergsbewirtschaftung; Huber, 2023; Mengel, 2022, S. 240 ff.; Weitgruber, 2017; Strub/Loose 2021, S. 35 ff.)) enthalten. Dabei werden eine Vielzahl von Einzelprozessen bei der Bearbeitung unterschieden, genau aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Geländeformen und den unterschiedlich möglichen, ganz-, teil- oder nicht mechanisierten Bearbeitungsschritten. Überdies wird dabei klar, dass der realisierte Mechanisierungsgrad ganz entscheidend für Kostenunterschiede im Weinbau ist, unabhängig von der Geländeform (Mengel, S. 226, ff.).
Von der Kostenseite her entsprechen die in dieser Modellbetrachtung verwendeten Daten weitgehend den empirischen Daten, die auch in den verschiedenen Studien ermittelt worden sind, so dass die Betrachtung als realitätsnah gelten kann.
Angesetzt werden folgende Kosten pro Hektar im Beispielbetrieb (alles in €)
Material:
Düngung: 500
Pflanzenschutz, 6 x Durchgang, à 300 €: 1800
Maschinen/Fahrzeugkosten (Schätzung): 500
Bewässerung: nicht erfasst
andere Materialkosten (Drahtrahmen, Kleinmaterial, Reparaturen; Schätzung): 500
sonstige Kosten und Abgaben (Versicherung, Abgaben, Grundsteuer (Schätzung)): 500
Personal (Fremdpersonal und Eigenleistungen)
Lohnkosten Weinbergsbewirtschaftung
Terrassen – 7 ha a 450 h = 3150 h – angenommener Stundensatz 14 €: 44100
Ebenen – 4 ha a 380 h = 1520 h – angenommener Stundensatz 14 €: 21280
Hänge 14 ha a 800 h = 11200 h – angenommener Stundensatz 14 €: 156800
Summe – 15870 h: 222800
Summe Arbeitskosten Weinberg: 222800
Arbeitskosten pro ha (: 20): 11140
(in der Lit: durchschnittlich ca. € 5000 per ha (Huber, S. 1)
Kalkulatorische Kosten pro ha
eigene Arbeitskosten (Betriebsleitung): 1000
Kapitalkosten (Abschreibungen)
Basis: 500.000 € Bestand; gebraucht beschaffte Maschinen, Ausrüstungen, Fahrzeuge etc.
Abschreibung per annum 10 %, d.h. 50.000 AfA pro Jahr, pro Hektar: 2500
kalkulatorische Zinskosten (Schätzung): 1000
Kellerwirtschaft
Vinifikation, Materialien, Beschaffungen, Flaschenkauf, Abfüllung, Ausstattung, Vertriebs und Lagerkosten
Schätzung: 6000
Bei der Modellkalkulation ergeben sich Gesamtkosten pro ha von: € 21640
Mit Kosten für alles von: € 432800
(Zum Vergleich die Zahlen der innerbetrieblichen Kalkulation:
Kosten pro Liter 4,16 x 110000; das ergibt Gesamtkosten von 457.600;
pro ha ergeben sich Kosten in Höhe von: € 22880
Betriebskosten insgesamt: € 457600
Das zeigt, dass die vorgenommenen Schätzungen relativ zutreffend sind.)
Diese Kostengrößen liegen im Übrigen in der Nähe der in der Literatur angegebenen Produktionskosten von ca. 17.000 pro Hektar (Mengel, S. 226; Huber 2017, für Südtirol).
Erträge
Basis für die Ertragsermittlung ist die Produktion von 55 hl/ha. Im Vergleich zu den meisten anderen Angaben über Erträge ist das eine unterdurchschnittliche Erzeugung.
Bei einem Absatz der 110000 l zu 40.000 l als Flaschenwein (57.000 Flaschen) und 70.000 als Fasswein ergeben sich folgende Erträge:
57.000 Flaschen a 7 € (Durchschnittspreis, geschätzt) 400.000
70.000 l Fasswein a 1,10 pro l 77.000
Bruttoertrag 477.000
Nach der Modellkalkulation ergibt sich für den Beispielbetrieb also ein kalkulatorischer Überschuss von 44.200 € (477.000 minus 432.800).
Nach dem innerbetrieblichen Ansatz von 4,16 € Literkosten beträgt der kalkulatorische Überschuss – bei den hier verwendeten Daten – 19.400 €.
Hier interessiert vor allem die Frage, wie die Situation nach einer Umstellung aussehen würde.
Angenommen wird eine Kostenerhöhung bei den Weinbergsarbeiten von 20 %, das ergibt zusätzliche Kosten von (222.800 + 20 %) von 44.560 €; die Gesamtkosten steigen also von 432.800 auf 480.360 €.
Auch bei den Erträgen wird eine Minderung um 20 % angenommen (Ertragsreduktion um 20 %; d. h. erzeugte Menge 90.000 l statt 110.000 l.
Zur Vereinfachung wird angenommen, dass im gleichen Umfang weniger Fasswein verkauft wird. Danach würde sich eine Verringerung der Erträge um rund 22.000 € ergeben. Nach der Umstellung müsste man mit Erträgen in Höhe von 455.000 Euro kalkulieren.
Kostenerhöhung (auf rund 480.000) und Ertragsminderung (auf 445.000) ändern den kalkulatorischen Überschuss vor Umstellung auf ein kalkulatorisches Defizit – nach Umstellung – von rund 35.000 €.
Die vorstehende Modellkalkulation unterstreicht die Bedeutung, die einer genauen Kostenerfassung und Ertragsermittlung zukommt, um die Risiken einer Umstellung abschätzen zu können, und rechtzeitig fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Alternativen?
Ohne höhere Erträge (gesteigerte Produktionsmengen) oder höhere Produktpreise (Steigerung des Flaschenpreises um ca. 1 Euro pro Flasche (das wären immerhin 14 % Preissteigerung) ist die Umstellung auf ökologischen Betrieb bei diesen Daten finanziell nicht machbar. Ob so starke Preiserhöhungen durchgesetzt werden können, ist sehr fraglich; weil die Marktlage das nach Einschätzung des Betriebes nicht hergibt.
Das gilt noch mehr für die Preise von Fasswein. Eine Ertragserhöhung wäre also nur über eine höheren Hektarertrag bei der Traubenproduktion möglich. Dabei entstehen jedoch auch höhere Kosten für Düngung und unter Umständen für Pflege und Rebschutz. Außerdem muss es natürlich auch Chancen auf einen erfolgreichen Mehrabsatz geben, was nicht gewährleistet ist.
Die Chancen auf Kostenreduktion sind begrenzt; die Verkleinerung der bewirtschafteten Flächen wäre ein Weg, setzt aber ebenfalls voraus, dass sich letztlich höhere Preise für verkaufte Flaschen durchsetzen lassen, wegen der steigenden Fixkosten pro Produkteinheit.
Nicht auszuschließen ist, dass sich durch den Einsatz moderner Techniken (Drohnen, voll- automatisierte Fahrzeuge) Kostensenkungen ergeben können; auch die in Aussicht gestellte Förderung von Fotovoltaik in der Landwirtschaft (Gesetzentwurf der Bundesregierung; vergleiche Tagespresse vom 16.8.2023) ermöglicht vielleicht die Nutzung der vielen sonnenbeschienenen Weinbergslagen, eine Doppelnutzung wie sie verschiedentlich in der Landwirtschaft schon erprobt wird. Auch mit der Nutzung für den Anbau von agrarischen Koppelprodukten (zum Beispiel Kräuter) wird vereinzelt experimentiert. Aus Nachhaltigkeitsgründen und wegen der steigenden Energiebedarfe erscheint die Nutzung von Fotovoltaik jedoch die vielversprechendste mittelfristige Chance zu sein, weitere Erträge zu erzielen.
Es ist allerdings die Fragen zu stellen, ob den zum Teil vorherrschenden Dumpingpreisen auf den deutschen Weinmärkten im Massenbereich nicht doch mit einem Mindestpreiskonzept begegnet werden könnte, wie es die Agrarpolitik in der Vergangenheit schon mehrfach gehandhabt hat. Wenn man dies an der durchschnittlichen Arbeitsstunden/ Arbeitskosten pro ha im Weinberg orientieren würde, könnte das auch den kleineren Betrieben einen ausreichenden Ertrag für ihre Arbeit sichern. Gerechtfertigt wäre dies ja schon durch den Zusatznutzen, weil der Weinanbau auch einen hohen landschaftlichen und kulturellen Nutzwert besitzt.
6. Dokumentation und Kontrolle
Vorsorgekonzept
Nach Art. 28 (1) VO EU 2018/848 ist ein Vorsorgekonzept aufzustellen, das der Vermeidung von Kontamination durch unzulässige bzw. nicht zugelassene Stoffe und der Vermischung mit nicht ökologischen Produkten dient. (s. Fibl, S. 2). Dafür haben verschiedene Stellen Unterstützungsangebote entwickelt (so FiBL: S. Fader/Heller/ Moiser, zur Traubenernte und zum Transport). Es geht vor allem darum, vor dem Hintergrund der speziellen Lage des jeweiligen Einzelbetriebes die wichtigsten Risiken zu ermitteln, um vorbeugend vorsorgliche Maßnahmen zu ergreifen. Dazu werden verschiedene Prüfungen benannt.
Das Konzept wird im Rahmen der routinemäßigen Prüfungen ebenfalls mit geprüft.
Es werden in den Papieren jeweils detaillierte Vorsorgemaßnahmen vorgeschlagen und Formen für eine penible Dokumentation aller Aktivitäten aufgezeigt. Weitere Empfehlungen betreffen die Weiterentwicklung der Betriebsführung und die Anpassung des Vorsorgekonzepts an betriebliche Änderungen (siehe auch Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück). Empfohlen wird eine Umsetzung in Richtung auf ein betrieblichen Qualitätssicherungssystems, für das die gesamte Prozesskette betrachtet werden soll, um alle kritischen Punkte zu erfassen (Bio-kritischer Kontrollansatz, DLR, S. 1).
Hier stellt sich allerdings die Frage, welcher durchschnittliche Winzerbetrieb das alles – mit seinen begrenzten Personalressourcen – leisten kann und soll. Allerdings droht die Aberkennung des „Öko“-Status, wenn Vorsorgekonzept und Dokumentation nicht vorgelegt werden können.
Dokumentation
Sie ist besonders aufwendig: alle Verfahren, Maßnahmen, Behandlungstage müssen aufgeschrieben werden. Es empfiehlt sich, neben den üblichen Standardunterlagen ein Kellerhilfsbuch zu führen und alle Belege (Einkäufe!) aufzuheben, für alle behördliche Kontrollen und für die Zertifizierungsstelle.
Alle relevanten Belege müssen aufbewahrt werden und werden gegebenenfalls im Rahmen der jährlichen Überprüfung zur Erhaltung des Zertifikates geprüft (vgl. zu diesem Abschnitt Kauer/Fader, S. 13 ff.). Vor allem Buchführungsunterlagen, Bodenpflege- und Düngeplan, Keller- und Herbstbücher, Preislisten, gegebenenfalls Marketingunterlagen, Dokumente zum Einsatz von Dienstleistern oder Leihgeräten (sogenannte Kontaminationsgefahr) sind festzuhalten und zu belegen.
Als Beispiel kann der Pflanzenschutz- und Düngeplan genannt werden, der mindestens folgende Angaben umfassen muss:
• Datum der Auslegung
• Datum der Bodenbeobachtung
• Art und Menge des verwendeten Mittel
• die behandelten Parzellen
Es geht dabei vor allem um die Einhaltung der Obergrenzen von Stickstoffeinsatz und des Kupfereintrags.
Angezeigt ist es, zu den angemeldeten Kontrollterminen – zur Verkürzung der Prüfzeiten – alle Unterlagen bereit zu halten.
Kontrollverfahren und Audit
Nach Anmeldung bei der (staatlich lizensierten, aber privaten) Kontrollstelle erfolgt in einer Art Erstprüfung eine genaue Betriebsaufnahme nach Vertragsabschluss; erfasst werden alle Daten des Betriebes, Flächenkataster, Personalbestand, Hof und Gebäude Plan, Dokumentation der letzten konventionellen Maßnahmen in der Weinbergbewirtschaftung; einmal jährlich erfolgen weiter Kontrolle, zum Teil unangemeldet (Darmstadt S. 8). Gestartet wird die Erstinspektion mit einer Betriebs- und Weinbergsbesichtigung und mit der Prüfung der bisherigen Einhaltung staatlicher Rechtsvorschriften.
Wie oben erläutert, erfolgt die Kontrollstellen-Auswahl durch den Betrieb mit Vertragsabschluss; ausgewählt werden sollte eine Stelle mit genügend Weinbauerfahrung (vergleich auch Ökolandbau.de/Ökokontrollstellen) (11).
Die Kontrollstelle teilt auch die Betriebskennziffer/ Kontrollnummer zu (Kauer et al., S. 93)
Geprüft werden können die Belege aller Verkäufe, zum Zurückverfolgen bis zum Erzeuger (Warenstromanalyse), Einkäufe, Einhaltung der Umweltschutz/Pflanzenschutzregelungen (Herbizid- und Fungizid-Verzicht; Kauer et al., S. 94 f.), Einhaltung der Düngeregelungen, alle verwendeten Stoffe und deren Mengen etc. Neben der Dokumentenanalyse erfolgt i.d.R. auch eine Weinbergbegehung. Betrachtet werden die Gewährleistung der Artenvielfalt bei der Begrünung und der Zustand der Reben (Kauer/Fader, S. 14). Die Kosten pro Prüfung betragen ca. 400 bis 500 € (ebenda) (12).
Zertifizierung und Codierung
Die Vergabe einer Codenummer (Betriebskontrollnummer) erfolgt (s. o.) durch die Kontrollstelle/Zertifizierungsstelle.
Die notwendige – jährliche – Betriebszertifizierung wird von den ökologischen (privaten) Kontrollstellen, als amtlich zertifizierte Institute oder Verbände, durchgeführt (vgl. dazu im Detail: Kauer/Fader, S. 12-14). Nur dann darf der Betrieb auf seinen Produkten den Hinweis auf das ökologische Produkt verwenden.
Weitere Einzelvorgaben
Zum Beispiel in Hessen:
A) detaillierte Vorgaben für eine persönliche Schutzausrüstung bei Pflanzenschutzmitteleinsatz im Weinbereich (Darmstadt, S. 8; Stichwort Anwenderschutz), mit ziemlich viel Bürokratisierungsvorgaben für weitere Arbeiten im Weinbereich nach Spritzungen
B) zur Abstandshaltung bei Oberflächengewässern, Darmstadt, S. 10 ff.
C) zum erforderlichen und zu belegenden Sachkunde-Nachweis (Darmstadt, S. 21)
7. Schlussbemerkungen
Vor dem Hintergrund der Umwelt und Klimaentwicklung und den Anforderungen an unbelastete und gesunde Nahrungsmittel ist eine möglichst vollständige Umstellung agrarischer Erzeugung und noch mehr der Weinherstellung gewiss höchst wünschenswert. Wie die komprimierte vorstehende Übersicht zeigt, sind die Hürden für eine Umstellung auf ökologischen Betrieb im Weinbau allerdings hoch und nicht einfach zu nehmen.
Dies betrifft einerseits die verschiedenen persönlichen Voraussetzungen der Motivation, Energie, beruflichen Qualifikation und Bereitschaft zu umgestelltem Management und sehr viel Ausdauer in der Phase der Umstellung und nach der Umstellung. Andererseits gilt es auch für die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen eines Betriebes, für die deutlich anderen Bewirtschaftungsformen und den Rebschutz, in einem etwas geringeren Ausmaßes gelten auch andere Anforderungen an die Kellerwirtschaft.
Nicht zuletzt ist die kaufmännische-ökonomische Seite des Wechsels ein möglicherweise großer Stolperstein: auf die vorhersehbare wirtschaftliche Belastung durch geringere Erträge und höhere Kosten, mit dem, wie unsere Beispielrechnung zeigt, großem Effekt für das Einkommen, wird sich nicht jeder Winzer einlassen können und wollen.
All das erfordert grundsätzlich einen hoch professionellen Betrieb und ein entsprechendes Management.
Die staatlichen Regelungen und Vorgaben machen die Umstellung und den regelgerechten Betrieb danach auch nicht einfacher: nicht alle vom Ziel her gerechtfertigten Anforderungen und Maßnahmen müssten so detailliert grammatisch formuliert, gehandhabt und kontrolliert werden – das ging effektiver auch mit weniger peniblem Regelwerk und Vorgaben. Vor allen Dingen wäre eine größere agrarpolitische Förderung dringend angezeigt.
Umso mehr ist es zu loben, dass sich dennoch weitere Weinbaubetriebe den Anstrengungen der Umstellung unterziehen und sich vom ökologischen Anbau überzeugen lassen. Das zeigt sich nicht nur in den Daten, sondern auch in den Weinbergen, wo immer mehr statt kahl gespritzter Böden vielfältig begrünte Gassen zu sehen sind, als Indikator einer ökologienahen (oder integrierten) Bodenbearbeitung. Allerdings sind hier Politik, Landwirtschaftsressorts und Weinbauverbände – eben sowie technischen, fachhochschulische und universitären Ausbildungsstätten – noch viel mehr gefordert, dafür Werbung zu machen und Unterstützung anzubieten.
8. Literatur und Anmerkungen
Anmerkungen
1) Gerade große Wein- und Champagner-Produzenten , z.B. in Frankreich, stellen sich mittelfristig auf diese Veränderungen ein, vgl. die Forderung nach mehr „agriculture biologique“ im Weinbau, von Paz Levinson, LE FIGARO v. 26.6.23, S. 38 und die Aussagen von Sandrine Sommer, Directrice du development durable bei Moet Hennessy, zur Einführung der agriculture regeneratrice in allen Weingärten bzw. Domänen des Konzerns bis 2030, ebenda, S. 39.
2) Zu den kellertechnischen Anforderungen und Vorgaben bei der Verarbeitung vgl. Kauer/Fader, S. 79 ff. und Hofmann 2014 sowie die umfangreiche Studie von Trigolin/Hofmann 2013, vor allem den Abschnitt zur elaborierten ökologischen Kellertechnik vgl. Triolin/Hofmann, bes. S. 176 ff.)
3) Zur Definition ökologischer Weinbau KöL, Kompetenzzentrum ökologischer Landbau, S. 2f., Rheinland-Pfalz, Umstellung ökologischen Weinbau, Oktober 2014. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben der EU wird hier nicht zwischen den Spielarten des ökologischen Weinbaus unterschieden, wie zum Beispiel zwischen organisch- biologischen oder biologisch- dynamischer Wirtschaftsweise unterschieden. Wenn auch Verfahren und Arbeitsweise unterschiedlich sein können, verfolgen diese Ansätze aber doch ganz ähnliche Zielsetzungen.
Ökologischer Weinbau ist ein Verfahren der landwirtschaftlichen Produktion nach definierten Rechtsvorschriften für eine Produktion in Form von Kreislaufwirtschaft als Leitidee; wobei als Ideal eine Bewirtschaftung durch Nutzung selbsterzeugter Stoffe in geschlossenen Stoff- und Energiekreisläufen betrachtet wird. Die Bodenbewirtschaftung spielt dabei die zentrale Rolle (Köl, S. 4).
4) Bereits in der EU VO 203/2012 gibt es Regeln zu Weinherstellung und -Vertrieb, z.B. ab wann die Etikettierung als Biowein erlaubt ist, s. DA, S. 6.
5) Vergleiche dazu Reg.präsidium Darmstadt, S. 6, (Ziele der Ökoproduktion), Ecovin ebenda; Ziele und Grundsätze der ökologischen Produktion bei Kauer et al., S. 19 f.; VO (EU) 2018/848).
6) Nur als Anekdote sei darauf hingewiesen, dass das Thema ökologischer Weinbau auch in die moderne, publikumsnahe KI (sog. künstliche Intelligenz) eingeflossen ist. Chat-GTP nennt zum B. auf die Frage nach den Anforderungen als wichtigste Punkte, ganz zutreffend: environmental sustainability, consumer preferences, regulatory compliance, long term viability
7) Auch zur Produktqualität im Sinne sensorischer Merkmale, wie sie bei Weinproben und Prüfungen/Testvergleichen oder bei Sommeliers in der Regel im Mittelpunkt stehen, wird in den rechtlichen Vorgaben nirgendwo etwas gesagt. Das wäre doch zumindest indirekt angezeigt, weil es ja zum Beispiel im Ökoweinbau auch um den Einsatz ertragsreduzierter Klone geht, ebenso um eine höhere Dichte der Pflanzung, die Ertragsreduktion durch entsprechende Schnittkürzungen an den Rebstöcken, eine vermehrte grüne Lese oder eine strengere Selektion des Lesegutes. Eine Lücke in der Gesetzgebung??
8) Vgl. Regierungspräsidium in Hessen, siehe DA, S. 6; sowie die weinbauerfahrenen Stellen bei Kauer/Fader, S. 94; sowie Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, BMEL, zur gesamten Liste der Kontrollstellen
9) Kauer et al., S. 95, empfehlen spätestens den 31.08. Hessen (DA, S. 7), empfiehlt die Anmeldung unmittelbar nach der letzten konventionellen Pflanzenschutzmaßnahme, aber spätestens bis zum 15.8. des Jahres.
10) Vergleiche Darmstadt a.a.O., S. 8 f. vor allem die zahlreichen Anhänge mit Übersichten, u.a. zu den Ökokontrollstellen in Hessen, zu zugelassenen Mitteln, zu Formularen, zum Beispiel für die Kupfermeldung, die Pflanzenschutzdokumentation, für Beratungsmöglichkeiten und Termine, Weiterbildungsangebote und Onlineseminare.
11) Vgl. die Vorgaben der VO (EU) 2018/848, Kapitel IV, Art. 28,1 zu Meldung und Kontrollverfahren. Auch hier gelten unterschiedliche Vorgaben der einzelnen Bundesländer (KöL, S. 12 f. und S. 21 ff. zu Rheinland-Pfalz); vergleiche auch Merkblatt Vorsorgemaßnahmen 2022 vom 15.5.2023; s. auch Arbeitshilfe Weinbau, Vorsorgekonzept
Vgl. auch die Liste der zuständigen Behörden und Kontrollstellen bei Kauer/Fader S. 93/94
12) Vergleiche aktuelle Liste Auditvorbereitung vom 15.5.2023, mit Mustervordruck zur Vorbereitung.
Literaturhinweise
Aktuelle Liste zur Vorbereitung eines Audits für Öko -Zertifizierung im Weinbaubetrieb, www.dlr.rlp.de
Betriebsmittelliste für zugelassene Handelsdünger and andere nutzbare Stoffe, www.betriebsmittelliste.de
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/oekologischer-landbau/kontrolle-oekologischer.landbau/
DA, Darmstadt; Reg.Präs. Darmstadt; Autoren: Dingeldey, E., Ulrich, V., Ökologischer Weinbau, hrsg. vom Regierungspräsidium Rheinland-Pfalz, Darmstadt, April 2023, www.rp-darmstadt.hessen.de
DLR Rheinhessen, Nahe, Hunsrück, Hinweise für den ökologischen Rebschutz in Rheinland-Pfalz, März 2023, (Pflanzenschutz- und Pflanzenstärkungsmittel , mit detaillierten Hinweisen zu Mengen, Mitteleinsatz, Preisen) ; aktuelle Fassung: Stand März 2023, http://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/04/Pflanzenschuttzmittel/01 Aufgaben/05 Zusatzstoffe/psm/Zusatzstoffe/mode html? dms Thema= Zusatzstoffe
DLR Rheinland-Pfalz, Info Ökologischer Weinbau, Merkblatt Vorsorgemaßnahmen, mit Auflistung der Risiken, der Umsetzung im Betrieb und der Identifkation von kritischen Kontrollpunkten, www.dlr.rlp.de
Ders. , Umstellung auf ökologischen Weinbau; www.oekolandbau.rlp.de
Düngemittelverordnung, beruht auf dem Düngegesetz vom 9.1.2009; letzte Änderung der DÜV vom 1.5.2020; Entwurf für ein neues Düngegesetz am 31.5.2023 von der Bundesregierung beschlossen; s. Pressemitteilung BREG 68/2023 (soll noch in 2023 in Kraft treten), www.gesetze-im-internet.de
EU- Verordnungen 2018/849 und 2012/116 siehe: www.eur-lex.europa.eu
Fader B., Heller, F., Umstellung auf ökologischen Weinbau – Voraussetzungen, Chancen und Hürden, www.dlr.rlp.de
Fader, B., Heller, F., Moise, J., Filsinger, K. (ECOVIN), Stellungnahme Fachberatung ökologischer Weinbau zum Vorsorgekonzept, 29.08.22, s. www.oekotop.de
FiBL, Forschungsinstitut für den ökologischen Landbau, Frankfurt, Arbeitshilfe für Weinbaubetriebe zum Vorsorgekonzept gem. Art. 28 (1) EU VO 2018/848, mit ausführlichen Anleitungen und Vorschlägen zur Vorbereitung, www.fibl.org.
Förderung des Öko-Landbaus in den Bundesländern, www.oekolandbau.de/landwirtschaft/betrieb/oeko-foerderung/foerdersaetze-der-bundeslaender
Gesellschaft für Ressourcenschutz Göttingen (GfRS), mit vielfältigen Beratungsangeboten, zur Nachhaltigkeit und zur Zertifizierung, www.gfrs.de
Hofmann, U., Biologischer Weinbau, Stuttgart 2014
Huber, G., Vollkostenrechnung im Weinbau, Infodienst Landwirtschaft, www.landwirtschaft-bw.de (download 9.8.23)
Liste der Pflanzenstärkungsmittel: www.bvl.bund.de
Kauer, R. /Fader, B., Praxis des ökologischen Weinbaus, KTBL Schrift-506, 2. Aufl. Darmstadt 2015
Kauer, R., Döring, J., Szolnoki, G., Wagner, M., Ökologischer Weinbau, Schriften des Fernstudiengangs Management in der Weinwirtschaft (MBA), 1.A., Geisenheim 2023
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Mengel, F., Kosten- und Margenstrukturen von Weingütern, Mainz 2022; Diss. HGU 2022
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Richtlinien des ECOVIN zur Erzeugung von Biotrauben etc., http://www.ecovin.de/richtlinie/ (mit sehr praxisorientierten und anwendungsnahen Übersichten und Empfehlungen)
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VO (EU) 2018/484, und die maßgebliche Durchführungsverordnung VO (EU) 2021/1165), gültig ab 1.1.2022 enthalten die maßgeblichen europaweit geltenden Regeln für ökologische Landwirtschaft und ökologischen Weinbau, auch was Zertifikate, Kontrolle und Dokumentation betrifft; relevant ist vor allen Dingen Kapitel III mit den Produktionsvorschriften und Anhang II, Teil VI mit den expliziten Regelungen für den ökologischen Weinbau (2018/484)
Wagner, M., Anforderungen an die nachhaltige Weinerstellung, Vortrag auf den Mosel Weinbautagen 2023 am 12.1.23, www.weinbau.rlp.de/aktuelles
Weitgruber, T., Richtwerte für die Produktionskosten im Weinberg, in: obstbau/weinbau, 9/ 2017, www.obstbauweinbau.info
Der Text ist als ursprünglich Prüfungsleistung im Rahmen des MBA -Studienganges Management im Weinbau der Hochschule Geisenheim Universität entstanden.